Nach Amazonas – verstärkte Abholzung im Kongo-Becken

Holztransporter im Regenwald bei Lomié

Wenn man von Waldrodung in großem Stil redet, wird vor allem das Amazonasgebiet genannt. Auch der zweitgrößte Regenwald der Welt, im Kongo-Becken von Zentralafrika, gerät mittlerweile in das Blickfeld von internationalen Firmen. Für Kautschuk, Palmöl und Kakao werden Plantagen angelegt, das Tropenholz wird ins Ausland exportiert. Indigene Völker müssen ihre angestammten Gebiete verlassen.

Entwicklungsminister Gerd Müller lud kürzlich Vertreter der zentralafrikanischen Staaten nach Berlin zu einer Tropenwaldkonferenz.

Eine abschließende Deklaration hat sich zum Ziel gesetzt, 127 Millionen Hektar Wald bis 2030 zu schützen und wiederherzustellen. Das entspricht der dreifachen Fläche Deutschlands. Zur Situation vor Ort in Ostkamerun.

Deutschlandfunk Umwelt 11.10.21
Abholzungen und Erschließungsrodungen im Regenwald von Ostkamerun

In Nomedjoh im Osten von Kamerun nahe der Stadt Lomié fahren Holzlaster mit gewaltigen Baumstämmen nahezu im Minutentakt durch das Dorf. Staub wirbelt auf. Hat es geregnet und die Straße wird gesperrt bilden sich lange LKW-Kolonnen auf der ungeteerten Waldstrasse:

Das Holz, das hier vorbeigefahren wird, stammt aus mehreren Gebieten der Region. Es wird hier ständig vorbeigefahren. Das verärgert uns schon etwas. Soweit wir wissen geht das nach Europa.

Emile Elenga ist Präsident einer Bakka-Gemeinschaft in der Nähe der ostkameruner Stadt Lomié. Die Bakka besitzen als ethnische Minderheit einen Gemeinschaftswald, rechtlich eine der Eigentumsformen für Wälder in Kamerun – neben Staats-, Kommunal- und wenigen Privatflächen. Denn das traditionelle afrikanische Recht kannte für Land eigentlich kein Privateigentum. Wegen der großen Armut verkaufen jedoch viele die alten Bäume für schnelles Geld. Dagegen geht wiederum die Zentralregierung vor: Statt den Raubbau an den Tropenhölzern zu verhindern, zwinge die Regierung die Bakka-Gemeinschaft, ihre traditionellen Streusiedlungen in den Wäldern aufzugeben, erzählt Dorfvorsteher Bebeli:

Als Bakka gehe ich ja auch in den Wald, nutze den Wald, jetzt sollen wir nur noch in den Dörfern bleiben, entlang der Straße.

Dass die Sorgen der Bakka berechtigt sind, weiß auch Agrarexpertin Ute Nuber, die mit den Einwohner rund um die ostkamerunische Stadt Lomié versucht, neue Einkommensquellen zu erschließen, ein von Deutschland finanziertes Projekt der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ, um den Druck von den Wäldern zu nehmen:

Ja, ich denke, dass die Sorgen schon berechtigt sind, man macht sich Sorgen um das Kongobecken, wir haben die Holzlaster gesehen, es ist nicht alles illegale Holzausbeute, was wir gesehen haben, wir waren entlang der Straßen unterwegs und naturgemäß ist der Wald entlang der Straßen immer stärker degradiert sind als mehrere Kilometer landeinwärts.

Erkundungswege, die quer durch den Regenwald geschlagen werden, verstärken das Problem. Zusätzlich wird das Kongo-Becken jetzt auch von asiatischen Firmen entdeckt, die Plantagen anlegen. Involviert seien dabei auch deutsche Firmen wie die Deutsche Bank, kritisiert Christoph Thies, der gemeinsam mit Kameruner Kollegen die Entwicklung für Greenpeace beobachtet. 10 000 Hektar Regenwald wurden zwischen 2011 und 2018 an der Grenze zu einem der wichtigen Naturschutzgebieten Zentralafrikas, dem 1987 als Unesco-Weltkulturerbe geschützten Dja-Nationalpark, abgeholzt – für eine Kautschukplantage der Firma Halcyon Agri aus Singapur. Greenpeace-Experte Thies schätzt, dass diese Abholzung ca. 11 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt hat:

Es ist ja da von der Firma im großen Stil Wald zerstört worden, es sind indigene Gemeinden vertrieben worden, es werden dort, wie auch in anderen Kautschukplantagen gefährliche Pestizide wie Glyphosat ausgebracht. Damit besteht die Gefahr, dass die Gewässer vergiftet werden.

Noch wird in Kamerun noch nicht so viel Raubbau am Regenwald betrieben wie am Amazonas. Aber das schlechte Image, das Investitionen dort mit sich bringen, wollen internationale Firmen nun in Zentralafrika vermeiden, ohne die vergleichbaren Folgen zu bedenken, sagt Thies:

Wir müssen auf das Kongobecken noch mehr aufpassen als auf den Amazonas, weil dort noch nicht so viel wirtschaftliche Entwicklung war und nicht so viel Waldrodung für Sojafelder, Palmöl oder Viehweiden. Aber das heißt eben, dass viele Konzerne auf die großen unberührten Flächen gucken und Begehrlichkeiten dort entstehen, und das zweite ist, dass die Bevölkerungsentwicklung, die Bevölkerungsexplsosion mit Abstand am stärkstenist im Vergleich mit den beiden anderen großen tropischen Regenwaldbecken am Amazonas und in Südostasien.

Auf der Straße von Lomié Richtung Hauptstadt Yaoundé werden große Säcke mit Holzkohle verkauft, dem Brennmittel für Küche und Ofen. Traditionell aus Baumstämmen hergestellt gehen die Einheimischen mittlerweile einen anderen Weg. Sie kaufen den Sägemühlen Holzabfälle wie Bretter, Äste und Holzverschnitt ab. Holzkohle aus Holzabfällen – auch so kann der der Druck auf die Wälder verringert werden.

ENDE

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