Pflanzliche Naturstoffe aus dem Regenwald als Heilmittel

Gemeinsames Forschungskolleg der Universitäten Yaoundé-Bielefeld, YaBiNaPA

Selbstgesammelte Pflanzenbestandteile aus ganz Kamerun vor den Laborräumen

Traditionelle Medizin nimmt in Afrika einen hohen Stellenwert ein. Auf den Märkten werden Pflanzenteile, Baumsamen und Holzstückchen gegen Hepatitis, Malaria und nicht zuletzt auch gegen Corona verkauft. Die meisten Menschen vertrauen auf die überlieferten Wirkungen.

Forscher der Universität Yaoundé und der Universität Bielefeld untersuchen derzeit, ob und wie die Naturstoffe tatsächlich gegen Krankheiten eingesetzt werden können.

Deutschlandfunk, Forschung Aktuell 5.1.2022

Auf langen Planen liegen die einzelnen Naturstoffe neben den Laboren des Graduiertenkolleg Yaoundé-Bielefeld, YaBiNaPA. Baumrinde, Baumsamen, Blätter und Gräser. Während der Exkursionen in alle Landesteile Kameruns wurden Heilpflanzen gesammelt, die traditionell von der Bevölkerung genutzt werden:

Wir haben 600 Extrakte von rund 180 Medizinalpflanzen hergestellt und untersucht. Diese Pflanzen wird eine antibakterielle Wirkung zugeschrieben, die wir untersuchen.

Bruno Lenta und Autorin im modernen Labor

Bruno Lenta leitet als Chemieprofessor der Universität Yaoundé seit 2016 das Graduiertenkolleg in Kamerun. Mit modernsten Methoden konnte er gemeinsam mit Gastpromovierenden anderer kamerunischer Universitäten und aus weiteren afrikanischen Ländern belegen, dass mehr als 400 der Pflanzenextrakte gegen Bakterien wirken und dass 70 Extrakte gegen Parasiten wie etwa Plasmodien wirken, die Malaria auslösen können.

Wir haben in vitro-screenings vorgenommen wie auch in vivo-Untersuchungen und haben sie verglichen. Das befähigt uns jetzt, exakt die Toxizität wie auch die Pharmakogenetik und die Konzentration der Wirkstoffe in den einzelnen Pflanzenteilen zu bestimmen, so dass wir auf eine Zulassung durch das Ministerium hoffen.

Laborausstattung für das Graduiertenkolleg

Untersucht werden unter anderem die Wirkbestandteile der Cola-Nuss. Traditionell wird sie gekaut, der hohe Anteil an Koffein sorgt für Linderung bei Kopfschmerzen, Durchfall oder Fieber. Andere Stoffe wie Baumrinden werden gekocht und als Sud verabreicht. Mit der Herstellung von antibakterieller Seife konnte das Graduiertenkolleg bereits ein eigene Produkt kreieren.

Wir haben einerseits eine Massenanalyse durchgeführt, aber auch die einzelnen, eigentlich vermischten Wirkstoffe extrahiert, die sonst eine Nebenwirkung hervorrufen könnten.

Ziel des Kollegs ist einerseits die Sensibilisierung junger Studierender für Naturheilpflanzen ihrer Heimat Kamerun, andererseits vor allem eine moderne Forschung direkt in Afrika zu etablieren, wie genau pflanzliche Metaboliten extrahiert isoliert und strukturell charakterisiert werden können, um sie zu modernen Therapeutika weiterentwickeln zu könnten.

Analyse in Kamerun statt in Bielefeld

Das Ergebnis: Die Forschung an Heilpflanzen aus Kamerun und ihren Endophyten hat bereits zur Isolierung von mehr als 4000 Sekundärmetaboliten geführt. Mit modernsten Apparaturen ist es nun auch direkt in Zentralafrika an der Universität Yaounde möglich, die Wirkstoffe zu extrahieren und zu analysieren. Bislang mussten viele der Laborarbeiten noch nach Deutschland geschickt werden, an die Uni Bielefeld, den Kooperationspartner.

Postdoktoranden des Graduiertenkollegs im Labor der Uni Yaounde II

Am Ende soll unter anderem ein Arzneimittelbuch für Naturheilstoffe aus Kamerun entstehen. Auch eine moderne Qualitätskontrolle der auf den lokalen Märkten angebotenen Heilpflanzen soll künftig möglich sein. Hilfreich dabei: Einer der teilnehmenden Professoren arbeitet als traditioneller Heiler und Wissenschaftler.

„Der Großteil der kamerunischen Bevölkerung vertraut auf die traditionelle afrikanische Medizin, die sehr reich an pflanzlichen Präparaten ist”, sagt Norbert Sewald, Projektleiter der Uni Bielefeld. Das liege auch daran, dass synthetisch hergestellte Arzneien vergleichsweise teuer sind.

Ein Anreiz: Der Trend hin zu Naturarzneimittel als wichtige Bioressource mit hohem kulturellen und ökonomischen Potential, wird seit längeren auch in Europa erkannt.

Wann konkret die Heilextrakte zugelassen werden von einer Kommission des Kameruner Gesundheitsministerium EMPM und ob sie auch auf dem europäischen Markt verfügbar sind, das lässt sich noch nicht sagen. Fest steht: Zentralafrika bietet unzählige natürliche Heilstoffe, die Möglichkeiten der Nutzung von Pflanzen des Regenwaldes auf afrikanischen Kontinent ist noch lange nicht erforscht.

ENDE