Ein gewaltiger Theaterneubau für München

München gönnt sich einen neuen Kulturtempel im Schlachthofviertel.

Das Münchner Volkstheater dümpelte lange vor sich hin. 1903 im noblen Stadtteil Lehel mit 1000 Plätzen gegründet, war das Münchner Volkstheater bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg lange eine deutschlandweit bekannte Bühne.

Seit Kriegsende spielt das Ensemble in einem Provisorium, einer umgebauten Sporthalle des Bayerischen Fussballvereins in der Brienner Straße. Um die Jahrtausendwende wurde die Schließung diskutiert. Mit dem Antritt des Oberammergauers Christian Stückl änderte sich das schlagartig. Jetzt wird ihm und seinem Ensemble ein gewaltiger Neubau im ehemaligen Viehhof hingestellt, der erste Theaterneubau seit langem in Deutschland.

Bericht im Deutschlandfunk Kultur Heute

Da ist der Eingang zur Bühne zwei, da sind die zwei Eingänge zur großen Bühne.

Christian Stückl im Foyer seines neuen Volkstheaters. Kräftige Gelb- und Blautöne dominieren die Wandflächen. Endlose Durchblicke vom Kellergeschoss bis hoch zur Bühnentechnik. Zehn Ebenen soll das neue Haus haben. 30 000 Quadratmeter Nutzfläche hat der Stuttgarter Architekt Arno Lederer, umbaut, außen backsteinverklinkert, was an die umliegenden Schlachthof-Industriebauten erinnert, aber auch an Münchens Gasteig, die Heimat der Münchner Philharmoniker. Riesige runde Fenster geben dem Trutzbau etwas Verspieltes.

Ganz zentral für das Team – ein ausgedehnter Innenhof für den Biergarten. Oder für open-Air-Konzerte. Oder experimentelle Stücke.

Ich habe jetzt zum Beispiel die Goldberg-Variationen, die spielen wir drüben im Haus vom Garten in die große Bühne, sowas würde man eher da rein nehmen, aber eigentlich denke ich noch gar nicht groß daran, was wir mitnehmen. Die Sachen, die gut laufen, werden wir am Anfang noch brauchen, wir werden nicht gleich ein vollständiges Repertoire haben, sondern Sachen von drüben mitnehmen.

Vier Bühnen stehen dem Volkstheater künftig zur Verfügung, zwei Probebühnen, die auch freie Ensembles nutzen könnten und zwei Hauptbühnen mit je 600 und 250 Plätzen. Erstmals bekommt das Münchner Volkstheater einen Schnürboden, 24 Meter hoch. Dazu unter einem Dach riesige Werkstätten für Schreinerei, Schneiderei, Schlosserei, die derzeit noch auf sieben verschiedene Stellen in ganz München verteilt sind:

Also das ist schon eine riesige Herausforderung, man muss mit einem relativ kleinen Team ein so großes Haus bespielen. Ich steh da manchmal drin und denke, was habe ich da alles für Möglichkeiten, brauche ich die überhaupt.

Zum Beispiel das unterirdische Stuhldepot passenderweise vor der Hauptbühne, so dass es gleichzeitig als Orchestergraben genutzt werden könnte. Warum hier nicht mal Oper spielen, Produktionen mit Musikband, ansonsten bleibt das Konzept zum alten Haus gleich, antike Stoffe neben Brecht, Schiller und Uraufführungen:.sein Ensemble erhält zusätzliche Mittel und wächst von 17 auf 22 feste Stellen an:

Zuerst einmal werden wir eröffnen mit fünf neuen Produktionen in den ersten drei Wochen, die jetzt für das Haus gemacht werden.

Mit dabei die in München vom Nachwuchs-Festival „Radikal Jung“ bekannteJessica Glause und erstmals der deutsch-koreanische Regisseur Bonn Park.

Also ich glaube, dass es auch eine Belohnung ist für die Arbeit des Volkstheaters und ich glaube auch, der Erfolg des Volkstheaters lässt sich am neuen Standort fortsetzen.

Die Dimension des Neubaus habe ihn selbst überrascht, sagt Kulturreferent Anton Biebl. In der aktuellen Krise und bei bisher auf unbekannte Zeit geschlossenen Kulturinstitutionen sei dieses Projekt auch ein Lichtblick für die Nach-Coronazeit. Am 15. Oktober 2021 soll eröffnet werden.

Wir haben immer am alten Volkstheater gesehen, dass die Aufführungsflächen nicht ausreichend sind, trotzdem ist das Volkstheater mit 85 Prozent ausgelastet gewesen, beim Festival Radikal Jung sogar mit 95 Prozent. Das sind Traumzahlen. Deshalb hat das Volkstheater auch größere Räume verdient. Weil wenn es nur ein mittelprächtiges Theater wäre oder mit unterdurchschnittlichen Zuschauerzahlen, dann hätten wir das nie in die Hand genommen, so ein Volkstheaterneubau.

Die anderen Theaterbühnen Münchens sollten sich gut auf die kommende Saison ab Oktober 2021 vorbereitenEs dürfte nicht unwahrscheinlich sein, dass sich die maßgeblichen Inszenierungen Münchens in Zukunft im neuen Volkstheater abspielen.

ENDE