Ein Konzept für das Great Egyptian Museum GEM

Stuttgarter Atelier Brückner gestaltet weltgrößtes Antikenmuseum in Kairo

Die ägyptischen Pyramiden gehören zu den wichtigsten Weltkulturerbe-Stätten. In Sichtweite entsteht derzeit eines der größten Bauprojekte des Landes – das Grand Egyptian Museum.

Bericht in Ö1

Wohl kein Museumsneubau wird derzeit so erwartet wie das Große Antikenmuseum.

Wie präsentiert man besucherfreundlich 3500 Jahre altägyptische Geschichte? Goldene Sarkophage, wertvolle Totenmasken, Babymumien, aber auch Handwerkzeuge, Alltagsgegenstände, übermannshohe Skulpturen Chronologisch oder thematisch?

Niederschwellig und dennoch anspruchsvoll, bombastisch und dennoch konzentriert auf kleinste Objekte? Noch dazu für rund 1000 Besucher pro Stunde, Kinder, Wissenschaftler, Analphabeten, Studenten.

Das Grand Egyptian Museum sieht sich ja in einer Reihe mit Weltklassemuseen wie Louvre und British Museum und will sich genau da eingliedern, aber anders als diese klassischen Museen möchte es auch Geschichten erzählen, storytelling hinter diesen erstklassigen Exponaten machen und dafür steht unser Büro auch.

Eine Ehre und Herausforderung

Es s ei eine enorme Herausforderung, aber auch Ehre, sagt Chefin Shirin Frangoul-Brückner. dass ihr Stuttgarter Atelier eines der größten Museumsneubauten unserer Zeit gestalten darf. Sie schrieb 2016 in kürzester Zeit das Konzept für 30 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und setzte sich gegen 25 internationale Mitbewerber bei den ägyptischen Auftraggebern durch.

Vom großen Ankunftsbereich, über den riesigen Park mit Pausenareas bis hin zum Atrium, der Besucherhalle. Dort platziert sie fünf übermannsgroße Statuen u.a. von Ramses II:, die einleiten zu einer riesigen Treppe hinauf zu dem Rundblick Richtung Pyramiden. Eine große Geste Richtung Tutanchamun-Galerie.

Den Museumsbesuch wolle das Büro vor allem durch Geschichten, storytelling, greifbar machen, so das Konzept:

Wir haben versucht die Objekte als Objekt wertuzuschätzen und trotzdem als Objekte stehen zu lassen und trotzdem Geschichten zu erzählen. Das heißt wir erzählen Geschichte nur über Objekte und unser Hauptgestaltungsmitel ist Licht. Letztendlich das Leben und da Leben nach dem Tod… der rote Faden für unsere Ausstellung.

Pharaonen, Mumien, goldene Gräber – wie geschaffen für Inszenierungen, das zeigen die Entwürfe, die Brückner und ihr Team in Stuttgart entwickelt haben und die, in Kairo umgesetzt, bereits auf die ersten Besucher warten.

Erstmals sollen, nur allein in der Tutanchamun-Galerie, alle 5500 Objekte genauso ausgestellt werden, wie sie 1922 von dem britischen Archäologen Howard Carter im nur 30 Quadratmetern großen Tutanchamun-Grab im Tal der Könige bei Luxor gefunden wurden. Mit modernsten Projektionen und Lichteffekten, erklärt Projektleiterin Tanka Zöllner:

Wir haben das Grab übersetzt, also nicht eine Originalrekonstruktion, denn das wollen wir nicht kopieren. Wir haben das als Stahlgerüst übersetzt, das heißt die Besucher können da überall rein und rausgehen, das ist ja auch bei den Massen, die da erwartet werden… Besucher können in das Grab hineingehen.

Neuentdeckung durch zwei verschiedene Rundgänge

Der berühmte Kinds-Pharao, der mit nur 19 Jahren starb, soll in der zentralen, ihm gewidmeten Galerie auf gleich zwei verschiedenen Rundgängen neu entdeckt werden können: Einerseits vom Zeitpunkt seiner Geburt, seiner Kindheit und Jugend, anderseits, so Projektleiterin Zöllner:

Wenn man andersherum geht, startet man mit Carter im Tal der Könige, wo er ausgegraben wird und dann kommt man dem jungen König immer näher, weil man einen Raum nach dem anderen öffnet, einen Sarkophag nach dem anderen, bis man schließlich vor ihm selbst steht als Rekonstruktion.

Zu neunzig Prozent sind die Vorbereitungen für die Eröffnung fertig, heißt es vom ägyptischen Tourismus- und Antikenministerium. Die meisten der Exponate vom bisherigen Antikenmuseum in Kairos Zentrum überführt. Was fehlt: Die ausländischen Besucher.

Eröffnung 2021 oder 2022?

Im November 1922 jährt sich die spektakuläre Entdeckung des reichgeschmückten Königsgrabes von Tutanchamun zum 100. Mal. Ein guter Zeitpunkt für die Eröffnung, meint der ägyptische Archäologe und langjährige oberste Antikenverwalter in Kairo, Zahi Hawass. Nachdem sich der vor fast zehn Jahren begonnene Prestigebau durch die politischen Unruhen der letzten Jahre massiv verzögerte, könne man auch bis zum Jubiläum warten:

Für die feierliche Eröffnung brauchen wir einfach noch eine gewissen Zeit, deshalb wäre das 100. Jubiläum ein guter Zeitpunkt. Die Entdeckung des Tutanchamun war eine wichtige Entdeckung für die ganze Welt.

Ob Juni 2021 oder Oktober 2021 oder gar November 2022 – noch kursieren verschiedene Daten für die Eröffnung von Ägyptens wichtigstem Mammutbau.

Dass es ein spektakulärer Tag auch für das Stuttgarter Team werden soll, steht aber bereits fest.