Bayreuther Festspiele vor grundlegenden Reformen

Am 25. Juli, kurz vor den Salzburger Festspielen, starten traditionell die Bayreuther Festspiele. Im vergangenen Jahr mussten die Aufführungen auf dem Grünen Hügel komplett abgesagt werden aufgrund der Pandemie. Dazu kam 2020 eine schwere Erkrankung von Wagner-Urenkelin und Festspiel-Leiterin Katharina Wagner, fast zeitgleich verließ der kaufmännische Leiter das Haus und wurde von einem Interimsverwalter geführt. Eine Generalsanierung des Hauses steht an. Seit einigen Monaten sorgen nun Gerüchte um eine Reform der Festspiele für Unruhe in der Musikszene. Deutschlands Kulturstaatssekretärin Monika Grütters hatte bereits Ende Dezember ebenfalls Reformen angekündigt.

Bericht im ORF Ö1

Früher gehörten die alljährlichen Chaostage von Bayreuth wie ein Ritual dazu: angedrohte Streiks vor der Premiere, medienwirksame, kurzfristige Absagen von Sängerinnen und Sängern wie Anna Netrebko, Roberto Alagna oder Evgeni Nikitin, hochrangige Premierengäste vor Baustellenkulisse. Pünktlich zum Start ein Aufreger. Doch was jetzt geplant ist, dürfte die Zukunft der von Richard Wagner gegründeten Festspiele grundlegend betreffen:

Wir haben eine Diskussion, die sich mit der Richard-Wagner-Stiftung befasst, mit der Stiftungssatzung, die 1973 das letzte Mal angefasst wurde, und da ist die Überlegung: Ist die noch zeitgemäß, von allen, die da Verantwortung tragen.

Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, neben dem Bund, dem Freistaat Bayern sowie der Stadt Bayreuth einer der vier Gesellschafter, fühlt sich von den Reformbestrebungen überrumpelt, sagt ihr Vorsitzender Georg Freiherr von Waldenfels. Man sei sehr froh, dass Festspielleiterin Katharina Wagner wieder vollständig gesund sei, Diskussionen dieser Art, zumal in der Pandemiezeit, ein Unding:

Ich war sehr überrascht von dieser Äusserung von Frau Grütters, das war mit niemandem abgesprochen…ich weiß nicht was sie bezweckt hatte oder wollte, ich habe auch seitdem nichts mehr gehört.

Die Organisationsstrukturen des sommerlichen Wagner-Festivals müssten geändert werden, preschte Deutschlands Kulturstaatsministerin Monika Grütters im Dezember vor. Wenn man Schwierigkeiten erkennt, solle man die Lösung nicht auf die lange Bank schieben, so die nebulöse Aussage, Nachfragen liefen ins Leere. Festspielleiterin Katharina Wagner sprang ihr überraschenderweise zur Seite. Nur mit einer Reform der Satzung sei ein effektives, zeitgemäßes Arbeiten möglich. Seitdem schweigt man am Grünen Hügel und die Wagnerwelt grübelt über die Hintergründe. Klar ist: Würde Katharina Wagner ausfallen, stünde kein jüngerer Wagner-Nachfahre mehr zur Verfügung. Und:

Seit Jahren lähmt das Mitspracherecht von gleich vier Gesellschaftern die Arbeit der Festspiele. Gelder müssen langwierig beantragt, müssen abgerechnet und verteidigt werden. Die Stadt Bayreuth als kleinster Gesellschafter mit 13 Prozent sollte schon einmal verdrängt werden.

Allein in diesem Jahr müssen auch von den Mäzenen Einnahmedefizite von mindestens 15 Millionen ausgeglichen werden, 6,5 Millionen schießt der Freistaat extra zu.

Die jetzt eingesetzte Arbeitsgruppe, die es seit Jahren gegeben haben soll, entwickelt nun Vorschläge zur geplanten Reform. In welche Richtung die Ideen gehen? Keine Aussage.

Schauspielerin und Urenkelin Daphne Wagner betonte bereits: die Familie Wagner könne nicht rausdividiert werden, sie sei die Stifter-Familie. Und: Das Festspielhaus solle «selbstverständlich» ausschließlich den Festspielen und den Werken ihres Urgroßvaters vorbehalten bleiben. Darüber gab es schon in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen.

ENDE