Hochwasserschutz: Alte Diskussion um neue Flutpolder

Die Bilder aus der Eifel haben es gezeigt: Hochwasser können sehr schnell auftreten und sind oft nicht exakt vorhersehbar. Während im Berchtesgadener Land die Aufräumarbeiten laufen und die Donaupegel in Passau zurückgehen, wird im Umweltministerium diskutiert, wie der Hochwasserschutz in Bayern optimiert werden kann. Die Kommunen wehren sich.

Beispiel Marxheim im Donaus-Ries.

Aus der Dlf Audiothek | Umwelt und Verbraucher |
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Wir haben da Kartoffeln dran, wir bauen Zwiebeln an, wir haben Mais, wir haben Zuckerrüben, Getreide, alles in der Fruchtfolge.

Landwirt Hubert Kapfer zeigt in weitem Bogen über die Felder bei dem kleinen Ort Marxheim im schwäbischen Donau-Ries. Seit er denken kann, rund 50 Jahre, kam das Wasser der Donau nie bis zu seinen Flächen. Der Deich an der Nordseite, gebaut in den 60er Jahren, verhindert die Überschwemmung.

Wenn jetzt da der Damm kommt, sind die Flächen wertlos, also fast wertlos, denn wenn einmal das Hochwasser da in einem Jahr drin ist, dann wächst nichts mehr, Staunässe, die Zwiebeln gehen kaputt, die Kartoffeln faulen, denn wenn eine Kartoffel zwei, drei Tage Wasser liegt, ist sie kaputt.

Eine Simulation zeigt: Der Damm würde acht Meter hoch werden, die Überflutungsfläche im Flutpolder 500 Hektar. Klar ist: Hier mündet der Lech in die Donau, hier stand Pfingsten 1999 alles meterhoch unter Wasser. Auch im Juni dieses Jahres strömten die Regenwassermassen vom Hangortsteil Schweinspoint hinab durch die Straßen. Trotzdem kommt für Landwirte wie Kapfer ein Flutpolder nicht in Frage, auch wenn die Staatsregierung einen “hundertprozentigen Ausgleich” für eventuelle Schäden verspricht:

Die einhundert Prozent Ersatz, was bringt uns das? Wenn wir unsere Lieferverträge haben und können sie nicht erfüllen, dann bekommen wir Strafen, dann müssen wir Deckungskäufe machen, dann haben wir gar nichts. Die einhundert Prozent sind bei Mais in Ordnung, aber womit füttere ich dann mein Vieh?

Auch derzeit stehen Wiesen an der Donau unter Wasser, aber der Auenwald als Überflutungsfläche an der Südseite der Donau verhindert größere Schäden. Dort ist der Deich vor einigen Jahren abgesenkt worden, um dem Wasser mehr Raum zu geben. Neue Baugebiete werden vor allem in den Ortsteilen oberhalb am Hang ausgewiesen. Bürgermeister Alois Schiegg, CSU, rechnet vor, dass ein Flutpolder plötzliche Starkregen wie im Juni oder auch an der Eifel gar nicht so schnell aufnehmen könnte:

Selbst wenn Sie technische Maßnahmen ergreifen und das mit Pumpwerken, sogenannte Hebewerke oder Schöpfwerke, über den Damm drüberheben, wenn Sie eine Pumpleistung von 2000 Liter pro Sekunde installieren bringen Sie 7500 Kubikmeter über den Damm drüber pro Stunde, und wenn man dann sieht: Das Starkregenereignis hat bei uns eine viertel Stunde gedauert bei 130 Liter, da kommen 650 000 Kubikmeter unten an, da sind 7500 Kubik zu vernachlässigen. .

Technischer Hochwasserschutz mit Bauwerken wie den Flutpoldern, von denen mindestens neun entlang der Donau geplant sind, werde im Klimawandel nicht helfen, ist die gesamte Gemeinde überzeugt. Der Damm des Flutpolders würde eher den Ablauf verhindern. Wieder würden Bereiche versiegelt werden, die dringend notwendig wäre als Flutungsfläche, außerdem ist der Polder in einem FFH-Schutzgebiet geplant, für das die Gemeinde Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen müsste.

Marxheim setzt deshalb auf eine Regulierung durch Überflutungsflächen in den angrenzenden Auenwäldern, wo nur Holz geschlagen wird und keine Landwirtschaft oder Baugebiete möglich sind. Außerdem sorgt der weit entfernt liegende Forggensee bei Füssen als Rückhaltebecken, sollte der Lech Hochwasser führen. Naturschützer wie Bianca Brandner unterstützen die Gegner des Projektes. Die Ortsvorsitzende vom Bund Naturschutz schlägt für Landwirte vor:

Meines Erachtens gäbe es die Möglichkeit, dass man die Landwirte, die betroffen sind, mit ins Boot nimmt, das heißt, sie bekommen Förderprojekte exakt auf sie zugeschnitten, dass sie Ackerflächen in Wiesenflächen umbauen, dass sie Wiesenbrüter-Programme mitmachen oder Rinder darauf weiden lassen und dafür entschädigt werden, da zahlt jeder dann. Punkt.

Die wachsende Problematik der zunehmenden Hochwasserfälle hat man vor Ort erkannt. Das zeigt die Absiedlung des Weilers Strass-Moos.

Dort wird in Zukunft niemand mehr wohnen.

ENDE