Nachhaltig oder elitär? Auf der Suche nach der Schule der Zukunft

Green School Bali eröffnet neue Schulen in Neuseeland, Mexico und Südafrika

Viel wird derzeit darüber diskutiert, wie Schule in Zeiten von Corona funktionieren kann. Onlinekurse, Selbststudium, mehr Eigenverantwortung. Wie und muss Bildung angesichts dieser Krise reformiert werden?

Schule nachhaltig – das gehört für die Green School Bali seit 14 Jahren zum Konzept. Vorschule, Lernen im Freien, Mitverantwortung für Lerninhalte, lebenslanges Lernen und Verantwortung für die Gesellschaft.

Bericht im DLF Campus & Karriere

Am 6. April hätte an der Green School der Unterricht nach den Ferien wieder begonnen, doch wie an vielen anderen Schulen wurde der Start um einen Monat verschoben. Kein Problem für die Schulleitung, denn die Krise zeige, dass ihr Konzept einer grünen, nachhaltigen Bildung längst weltweit nötig ist.

Inmitten von Bambus, Kokospalmen, Papaya.

Der Weg zur Green School im Landesinneren von Bali führt an dichten Bananenplantagen vorbei, Bambus und Kokospalmen stehen am Weg. Noch vor dem breiten Haupttor mitten im Dschungel erinnert ein kleiner Wertstoffhof an die, in Indonesien sonst unübliche Mülltrennung. Papier, Plastik, Flaschen nach Farben, Glas, Pappe – für jeden Wertstoff ein eigener Bereich.

Auf dem Schulparkplatz warten weiße, sogenannte Biobusse auf ihren Einsatz, Teil einer Schülerfirma, doch der Einsatz dürfte derzeit länger dauern.

Digitalunterricht mit Schülern weltweit

Lehrkräfte diskutieren in einem der Schul-Warungs, kleine Bistros mit internationaler Küche, über mögliche Onlineangebote in Zeiten von Corona – auch für die Green School. Per Internet sind die Kollegen zugeschaltet, die Mitte März in ihre Heimat geflogen sind, wie die US-Amerikanerin Leslie Medema, seit 2011 verantwortlich für die Lehrinhalte:

Es scheint komplizierter zu sein als es tatsächlich ist. wir bekommen jetzt die Möglichkeit, uns endlich umzustellen auf ein neues System, mit dem wir sowieso schon gearbeitet haben: Onlinecommunity, Online-Handout. Wir müssen uns jetzt aber auch noch mental darauf einstellen. Uns zeigt diese Krise, dass unser Schulsystem noch einmal relevanter wird für unsere Welt.

Ihr Schulsystem: Die Green School, gegründet vor 14 Jahren von einem amerikanischen Ehepaar und gestartet 2008 mit rund 90 Schülern, will nichts weniger als eine Weltrevolution der Schulbildung. Nachhaltigkeit im Unterricht, Nachhaltigkeit beim Lernen, Nachhaltigkeit beim Netzwerken. Grün eben. Die Lehrkräfte der “Schuldorfgemeinschaft” – educational village Community – kommen aus aller Welt, die Schüler von gut 40 Nationalitäten. An begabte Kinder von wenig finanzkräftigen Eltern, zum Beispiel aus Bali, werden Stipendien vergeben. Elitär sei das falsche Wort hier, sagt Sal Gordon, Chef der Green School Bali, der wenige Meter entfernt auf dem Schulgelände sitzt, aber Gäste nicht empfangen darf:

Es geht uns darum, die Art von Bildung zu verändern, echtes Lernen auf der Grundlage von Nachhaltigkeit anzubieten. Natürlich sieht es hier aus wie in einem Dschungelwunderland mit Bambusbrücken über den Fluss, kleinen Gärten und Extraplätzen für Lernprojekte, aber Nachhaltigkeit betrifft ja nicht nur die Umwelt: Es betrifft die Wirtschaft, das eigene Wohlergehen, die sozialen Beziehungen in der Gesellschaft. Das kann man nicht auf später verschieben, sondern muss damit früh beginnen, die Welt zu einem nachhaltigen Ort zu machen.

Der Schultag der knapp 500 Schüler geht auch hier von acht Uhr früh bis 15 Uhr, aber das in kleinen Bambushütten ohne Wände oder Türen, unter anderem gebaut von Jörg Stamm, Bambusspezialist aus Nordrhein-Westfalen. Wenn möglich wird Mathematik, Physik oder Geografie unter freiem Himmel an praktischen Beispielen gelehrt. Die Schüler bestimmen im gewissen Rahmen die Inhalte mit.

Selbstverantwortung, Kreativität, Managmentfähigkeiten. Dass hier die Chefs einer künftigen nachhaltigen Welt herangezogen werden, wie es die New York Times beschrieb, das sieht Leslie Medema, Mitglied der Schulleitung, als Kompliment:

Natürlich wünschen wir uns, dass unsere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, changemaker, also Weltveränderer zu werden, zum Beispiel in NGOs – Nichtregierungsorganisationen, als Politiker in Regierungspositionen. Ja, das ist Teil unserer Aufgabe, Kinder dazu zu befähigen, ihre Möglichkeiten zu entwickeln und changemaker für die Gesellschaft und die Welt zu werden.

Neue Schulen in Europa, Lateinamerika, Afrika.

Im Februar wurde mit großem Erfolg die zweite Green School eröffnet, ein futuristisches Gebäude im Vulkangebiet von Taranaki im Norden von Neuseeland. Südafrika und Mexico stehen als nächstes auf der Liste, wo eigene Häuser eröffnet werden sollen. Leslie Medema:

Wir wissen, dass wir dieses System auch auf andere Länder übertragen können.Wir hatten im Februar gerade eine sehr erfolgreiche Eröffnung der Green School Neuseeland, für die wir ein eigenes Curriculum in Absprache mit der Regierung entwickelt haben. Wir müssen das System auch in andere Länder bringen, das sehen wir gerade in dieser Krise. Wir können und müssen es.

Das Interesse an der nachhaltigen Privatschule ist groß, auch in Europa, meint Medema. Noch wisse man nicht, genau, wo sie stehen könnte, Deutschland sei auch im Gespräch, Frankreich, Schweden:

Ja, wir haben bereits mehrere Gespräche mit europäischen Organisationen und Interessenten geführt. Es steht noch kein konkreter Ort fest, aber gehen Sie davon aus: Green School wird es auch in Europa geben und zwar sehr bald.

ENDE