Medizinalhanf “Made in Germany”. Cannabisernte ohne Bayern

Zum ersten Mal erntet derzeit ein Unternehmen in Deutschland im Auftrag der Bundesregierung Cannabis, besser bekannt als Hanf oder Marihuana. Die Blüten der auffälligen Pflanzen werden von der bundeseigenen Cannabisagentur angekauft und an Großhändler und Apotheken weiterverkauft. Mit rund 500 Kilogramm wird in diesem Jahr gerechnet. In den kommenden vier Jahren sollen bis zu 10 400 Kilogramm der Pflanzen zu ausschließlich medizinischen Zwecken in Deutschland angebaut werden.

Kommunen wie München wollten 2019 bei dem Anbau einsteigen und scheiterten. Zur Bundestagswahl kommt das Thema wieder auf die Agenda: Die FDP hat eigens einen Antrag zur Cannabis-Legalisierung in den Bundestag eingebracht. Auch Grüne, SPD und Linke befürworten das.

Der Stadtrat hat damals wirklich ein eindeutiges Zeichen gesetzt, dass man sich für das Projekt bewerben sollte, es hat ja leider nicht geklappt.

Warum ihre Stadt kein Cannabis für die eigenen Bürger anbauen darf, kann Münchens Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek noch immer nicht verstehen.

In den Niederlanden können Städte wie Groningen, Maastrich, Nimwegen oder Zaanstad bereits im Pilotprojekt die auffälligen Hanfpflanzen anbauen, in Deutschland ein Tabuthema.

Hätte Bayerns Landeshauptstadt 2019 eines der 13 begehrten Lose für den Anbau gezogen, lägen die Blüten heute schon in Münchner Apotheken für die eigenen Schmerzpatienten bereit:

Der medizinische Hanf hat ja eine wichtige Bedeutung, und die Stadt steht nach wie vor zu ihrem Vorhaben und zu den Entscheidungen, die damals getroffen wurden.

Als eine der wenigen Großstädte Deutschlands besitzt die bayerische Landeshauptstadt zehn landwirtschaftliche Güter mit stattlichen 2.800 Hektar. In einem der Gewächshäuser hätte man längst kurzfristig und reichlich Platz für die Anzucht der Hanfpflanzen finden können, betonte Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter 2019 bei der Bewerbung.

Dass man mit dem Anbau von Cannabis richtig viel verdienen kann, wie es Spanien, Portugal und auch die Niederlande vormachen, darum geht es München nicht. Anders als den vielen Importeuren, die seit 2017 aus dem Boden schossen, auch in Bayern. Aktuell schätzt man die Größe des Marktes auf knapp 17 Milliarden Euro .

Die bayerische Firma Bavariaweed hatte sich 2019 auch um die Lose beworben, ging sie aber leer aus.

Bei dieser Ausschreibung haben wir natürlich auch mitgemacht. Nur die ersten drei haben eine Lizenz bekommen. Von den ersten dreien ist der erste schon komplett ausgestiegen, die andere Firma wurde schon dreimal verkauft, also das war schon sehr traurig, weil wir ja unseren Bunker hatten.

In ihrem Bunker im schwäbischen Leipheim könnten alle Anforderungen für den Anbau von Hanf – und nicht nur wie jetzt für die Weiterverarbeitung – erfüllt werden, sagt Mitgründer und COO Stefan Langer. Stattdessen muss die Firma aus Marokko importieren.

In so ziemlich allen angrenzenden Ländern legen sie Wert auf eine Geländesicherung, sprich: hoher Zaun, Kameraüberwachung, hartes Zugangskonzept. Und damit ist es gut. Ich habe zum Beispiel die Möglichkeit, ein Glashaus zu bauen oder eine Halle mit einem Glasdach. Das ist in Deutschland schlicht verboten.

Auch in einem Nato-Bunker am Flughafen Memmingen war bereits 2017 der wissenschaftliche Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken geplant worden, die Finanzierung stand, der Initiator ist mittlerweile nach Kanada ausgewichen.

Das Geschäft ist lukrativ, nur für deutsche Firmen – Hanf Made in Germany – lohnt es sich nicht, die Kosten für die Sicherungsmaßnahmen sind zu hoch und der gedeckelte Verkaufspreis zu niedrig.

Die deutschen Cannabisblüten werden mindestens 50 Prozent günstiger werden als die im Moment auf dem deutschen Markt verfügbaren Cannabisblüten aus den anderen Ländern. Diese Mitteilung für den Einkaufspreis für Apotheken haben wir schon schriftlich vorliegen.

Erklärt der Münchner Apotheker Bernd Grünberg.

2017 handelte er noch mit vier Sorten, heute sind es 70. Auch immer mehr Ärzte verschreiben den Medizinalhanf, in München sind es mittlerweile 50.

Was sich der deutsche Staat von dem günstigen Preis verspricht, kann Apotheker Grünberg nicht nachvollziehen.

Ob unter diesen Umständen die Stadt München doch noch in den nächsten Jahren Cannabis Made in Bavaria anbieten kann?

Trotz der Legalisierung des medizinischen Hanfs für anerkannte Patienten sieht Wenzel Cerveny die Konsumenten vier Jahre danach noch immer stigmatisiert. Der Betreiber von mehreren Hanfläden wird in München immer noch regelmäßig von der Polizei kontrolliert:

Der Nullachtfünfzig-Bürger glaubt jetzt, dass es richtig gut wird, man lässt es vom Arzt verschreiben, die Apotheken haben das Gras, alles funktioniert richtig gut. Aber hintenrum werden Ärzte drangsaliert, den Konsumenten wird es weggenommen.

Dem Legalisierungsbestreben mehrerer Parteien kurz vor der Bundestagswahl sieht Wenzel deshalb mit Spannung entgegen. Dann könnte es vielleicht doch nicht nur kanadische Firmen geben, die in Deutschland die begehrten Blüten anbauen, sondern die Blüten kämen direkt aus der Münchner Nachbarschaft.

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