Wir bleiben! 20 Jahre TUM Asia Singapur

Leitung und Mitarbeiter der TUM Asia in Singapur

Seit 2002 betreibt die Technische Universität München als einzige Uni Deutschlands einen Standort in Asien, genauer in Singapur. Gegründet als German Institute for Science and Technology GIST wurde vor 20 Jahren ein Studiengang für Chemie angeboten. Mittlerweile heißt das Institut TUM Asia und hat das Angebot beträchtlich ausgeweitet.

In den 20 Jahren ihres Bestehens besuchten viele deutsche Politiker und Politikerinnen die TU-Dependance, zum 20jährigen in diesem Jahr reiste auch Bundespräsident Steinmeier an. Was genau diese Institution ausmacht für deutsche und ausländische Studierende und Professoren und warum sich die TU München das leistet, hat sich Susanne Lettenbauer vor Ort in Singapur angeschaut:

Seit acht Uhr früh, also zwei Uhr nachts deutscher Zeit, doziert Professor Florian Holzapfel auf englisch vor seinen gut 25 Master-Studierenden. Lägen die Temperaturen draußen nicht bei gut 30 Grad, könnte man sich glatt bei der Technischen Uni in München -Garching wähnen. Wäre da nicht der straffe, komplett andere Studienalltag:

Das ist eigentlich überhaupt kein Problem. Ich halte sogar bei einer Vorlesung hier mehr Stunden als in Deutschland, wenn eine Vorlesung 30 units hat, mache ich eben 35 bis 36, damit ich eben ein bisschen mehr Zeit habe.

Die Vorlesungen für den Zweijahres-Master Aerospace Engineering, Luft- und Raumfahrttechnik, laufen hier als Block-Kurs ab – das heißt der Stoff wird in zwei Wochen durchgepaukt statt gemütlich in einem Semester wie in Deutschland – Pro Fach zwei Wochen statt mehrere Fächer in einem Semester, das ist das Konzept.

Zweimal im Jahr im September und März während der deutschen Semesterferien lehrt der TUM Professor für Flugsystemdynamik in seinen 2012 eigens für Singapur entwickelten Master Aerospace Engineering mit dem stark nachgefragten Zukunftsfeld Drohnenforschung.

Unweit von ihm doziert Fritz Kühn Industrial Chemistry. Mit ihm startete die TU München 2002 ihr erstes Masterangebot.

Der Antrieb war damals, dass zahlreiche Firmen, die damals in Europa und Deutschland agieren und in Ostasien Niederlassungen haben, sich damals immer wieder beklagt haben, dass die europäischen Mitarbeiter nicht so einen guten Draht zu den einheimischen Arbeitern haben, weil sie eben aus einer anderen Mentalität kommen.

Das hat sich mittlerweile geändert und gegenseitig angeglichen, sagt Andreas Herkersdorf, der ebenfalls gerade in Singapur lehrt:

Wenn Sie sich die Statistiken zeigen lassen von TUM Asia – unsere Absolventen, bayerisch gesagt – gehen weg wie warme Semmeln. Die werden sehr gern genommen von der lokalen Industrie, aber sehen natürlich auch das Sprungbrett, nach Deutschland zu kommen.

Mitarbeiterin der TUM Asia vor dem Headoffice

Herkersdorf hat seinen deutschen Doktoranden mitgebracht, der die praktischen Übungen am Nachmittag betreut – ein Benefit für den Deutschen, aber ungewöhnlich für die asiatischen Studierenden. Genau das, was das Alleinstellungsmerkmal der TUM Asia in Singapur sein soll, erläutert Herkersdorf :

Wichtig ist, dass ausreichend viel TUM-Charakter hier in die Studiengänge kommt. Eben dass mein Mitarbeiter dabei ist, hat eben auch viel damit zu tun, wie wir an der TU München lehren. Und diesen Charakter ziehen wir auch hier am Standort Singapur durch.

Ein weiterer Vorteil des TUM-Studiums in Singapur: Die Studierenden machen einen deutschen teilweise sogar einen joined degree-Abschluss mit der örtlichen Nanyang Technological University NTU. Das sei ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in Konkurrenz zu Singapurs sechs staatlichen Universitäten wie der NUS, der Nationalen Universität Singapur und fünf privaten Unis, sagt Markus Wächter, seit 2005 Chef der TUM Asia.

Gerade die ersten Jahre hat das Argument deutsche Ausbildung, eine der besten Unis in Deutschland, nicht wirklich gezogen. Das mussten wir auch erstmal lernen: Wie vermarkten wir uns in der Region. Wie gehen wir zum Beispiel nach China und Indien und wie überzeugen wir Studierende, dass sie einige Tausend Euro pro Semester hier in Singapur zahlen, wenn sie in Deutschland quasi umsonst studieren könnten.

Zwar kann man hier derzeit nur unter 5 Master- und 2 Bachelorstudiengänge wählen, gegenüber gut 182 Studiengängen in München, aber die sind handverlesen abgestimmt auf den asiatischen Markt: Logistik, Luftfahrt, technische Chemie, grüne Elektronik und Integrierte Schaltungstechnik. Geplant sind in Zukunft auch Lifescience und, Lebensmittelsicherheit. Gern würde die TUM Asia auch Dozenten anderer deutscher Universitäten wie Aachen, Dresden oder Berlin mit einbinden, betont Wächter.

Dieses Semester meldeten sich 250 neue potentielle Ingenieur-Master an. Die Bewerbungen kommen aus Indien, China, Malaysia, aber auch aus Afrika und Südamerika, trotz oder vielleicht auch wegen der im Vergleich moderaten Studiengebühren von 6- bis 7000 Euro pro Semester.

Ich habe meinen Bachelor in Indien gemacht, also habe ich überlegt, ob ich meinen Master im Ausland machen soll. Wenn Sie also Großbritannien oder ein anderes Land nehmen, sind die Studiengebühren viel höher sind, ich würde danach gern an einer deutschen Firma in München arbeiten, das wäre mein Ziel.

Ich stamme aus Singapur und wollte an unserer Technischen Uni studieren, dort habe ich erfahren, dass es einen Kooperationsstudiengang mit der TUM gibt, eine der besten Unis Europas und Nummer 1 in Deutschland. Das hat mir eigentlich schon genügt, zusammen mit dem deutschen Ingenieursabschluss und das in Asien.

Dass die TUM und ihre Forschenden nach 20 Jahren anerkannt und gefragt ist, zeigt eines von vielen Projekten: Im vergangenen Jahr vereinbarten TUM-Vizepräsidentin Juliane Winkelmann und Singapurs Umweltministerin Grace Fu eine längerfristige Zusammenarbeit – beim Thema Plastikrecycling.

Landwirtschaft auf engstem Raum – Vertical farming Projekt des TUM Create-Partners I.F.F.I. Singapur

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