Vorsprung Bayern

VbW-Gutachten „Digitale Bildung an bayerischen Hochschulen nach der Corona-Pandemie“

Der Professor als viereckige Kachel, Vorlesungen online, Seminare in wackligen Zoom-Meetings – seit zwei Jahren gehört das zum Alltag an deutschen Universitäten und Hochschulen. Funktioniert das? Dafür wurden gut 6000 Studierende befragt, 1200 Dozierende und 43 StudiendekanInnen. Das Ergebnis ist teilweise erstaunlich:

Einfach die Vorlesung abfilmen, das war einmal. Oder nicht?

Die Studie „Digitale Bildung an bayerischen Hochschulen nach der Corona-Pandemie“ zeigt: Nur wenige Dozierende nahmen die staatlichen Weiterbildungskurse wahr, sondern setzten sich privat mit der digitalen Umsetzung ihrer Lehrveranstaltungen auseinander. Dementsprechend pädagogisch fragwürdig wirkten die Schnellschüsse vom Frühjahr 2020, resümiert die Studie. 38 Prozent der Veranstaltungen liefen rein asynchron, als orts- und zeitunabhängig, ab – den Studierenden wurden also Filme und ähnliches online zum Selbststudium angeboten. In knapp der Hälfte der Fälle wurden das mit synchronen, also Liveveranstaltungen kombiniert.

Bei Seminaren und Übungen waren es noch weniger. Gerade beim Praktikum setzten 35 Prozent der Dozierenden auf Präsenz. Das lag oder liegt noch immer an fehlender Medienkompetenz. Die weist nur etwas mehr als die Hälfte der Dozierenden auf. Und: Von Strategien sind die meisten Unis und Hochschulen noch weit entfernt, sagt Frank Fischer, Leiter der Studie:

Etwas besorgniserregend, wenn man Dozierende fragt, nach diesen Strategein, dann gibt es etwa ein Drittel, das sagt, ja das haben wir, dreißig Prozent sagen, nein wir haben das nicht und fast ein selber Anteil sagt, keine Ahnung, ich weiß nicht, ob meine Hochschule sowas hat.

Ein Ergebnis der Studie erstaunt selbst den ausführenden Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Uni: 85 Prozent der Studierenden benutzen ein Smartphone für die Zoom- oder Teamssitzungen. Sie kommen immer seltener in die wieder laufenden Präsenzveranstaltungen. Denn: Viele grundlegenden Vorlesungen oder Einführungen stehen noch immer online aus der Coronazeit:

Also wir wussten, dass Studierende selbstgesteuert lernen, wir wussten, dass die Schulen sie auch darauf vorbereiten sollen, und haben jetzt gesehen, was Studierende jetzt schon tun, wir haben aber auch gesehen, dass vielen diese Selbststeuerungsfähigkeiten noch fehlen, dass sie da mehr unterstützt werden müssen.

Entspannt am Strand oder von Hause sein Studium absolvieren wie bei Fernuniversitäten, das werde nicht die Zukunft der Universitäten und Hochschulen sein, betont Studienleiter Fischer.

Zurück zur Vor-Coronazeit, mit Vorlesungen in überfüllten Hörsälen oder Wartelisten bei Seminaren von beliebten Dozierenden, das wäre aber auch ein falscher Schritt, lautet das Fazit der Studie und gibt sechs Empfehlungen.

Konkret: Die Ausstattung der Universitäten und Hochschulen mit digitalen Medien sollte nicht nur ein Ersatz herkömmlicher Vermittlung sein, sondern innovativ ausgebaut werden. Das beinhaltet auch eine verstärkte Weiterbildung vor allem der Dozierenden. Da der Sprung ins digitale Wasser vor zwei Jahren abrupt verlief, müsste nun die Hochschuldidaktik angepasst werden. Und: dazu könnten Dozierende sich auch gern mal an den Studierenden orientieren und deren veränderte Rolle an einer digitalen, hybrid lehrenden Hochschule.

Johanna Weidlich, Sprecherin der bayerischen Landes-Astenkonferenz begrüßt die Vorschläge:

Das sind definitiv gute Empfehlungen und genau, was uns fehlt. Das Problem war ja, dass diese Umstellung ohne jedes didaktische oder pädagogische Konzept daherkam, klar, das war aus der Not heraus geboren. Und genau jetzt zu schauen, was hat funktioniert, wo sind die Schwächen, wo die Defizite, einfach im Wissen um den Umgang mit digitalen Medien, das ist im Prinzip genau das, was wir auch wollen.

Die Studie zeigt: „das Beste aus beiden Welten“, Präsenz und online, muss in Zukunft vereint werden, mit Unterstützung von willigen Hochschulleitungen und einer strategischen Transformation.

Ein guter Einsatz mit Medien ist z.B. mit Learning Analytics, wo wir den Fortschritt tracken oder sie beim Lernen unterstützen, oder dass wir es ermöglich, dass Prüfungen digital absolviert werden können, wen Programm verwendet werden im Studium oder auch in der Praxis, dass die einfach direkt nutzen kann und es nicht auf Papier ausfülle.

Es gäbe noch viel zu tun, sagt Studierendenvertreterin Weidlich mit Blick auf die kritisch-konstruktive Studie. Generell, darin sind sich Studierende und Dozenten einig, sollte das „new normal“, die neue Normalität, die hybride Verbindung von digitaler Lehre und Präsenz sein.

ENDE