„Fast ein komplett neuer Saal.“

Zum 50. Jubiläum 2023: Das sanierte Opernhaus von Sydney

Grundsaniert ins Jubiläumsjahr 2023 (pics > MüllerBBM)

2023 feiert das Opernhaus von Sydney sein 50. Jubiläum. Das weltweit berühmte Gebäude, 1973 von dem dänischen Architekten Jørn Utzon erbaut, wurde zehn Jahre lang saniert. Vor allem die seit langem kritisierte Akustik wurde maßgeblich verbessert. Mit der Wiedereröffnung des Hauses im Juli ist die frühere Hamburger Generalmusikdirektorin und gebürtige Australierin Simone Young die Chefdirigentin des Sydney Symphony Orchestra.

Die Begeisterung über den neuen Klang hält auch nach Wochen noch an.

Bericht im ORF Ö1

Die roten, leicht geschwungenen Plexiglasscheiben oberhalb der Bühne fallen auf den ersten Blick nicht wirklich auf. Sie fügen sich wie Kunstwerke in den holzvertäfelten Raum. Die neuen, seitlichen Reflektoren in den Wänden erkennt man erst beim zweiten Hinsehen. Das Geheimnis des neuen Klangs in Sydneys weltberühmten Opernhaus.

„Wir haben jetzt den besten Konzertsaal der Welt,“ meint Konzertmeister Andrew Hewran begeistert, der das Sydney Symphony Orchestra in das Jubiläumsjahr 2023 führt und mit Gustav Mahlers zweiter Sinfonie im Juli den runderneuerten Saal einweihte.

Auch die seit 2022 am Haus zuständige Generalmusikdirektorin Simone Young zeigt sich ungewohnt euphorisch: „Es kam genau zur richtigen Zeit, jetzt in meine Heimat zurückzukehren als Generalmusikdirektorin in dieses komplett neue Haus, diesen so wunderbar renovierten Konzertsaal, der alle unsere Erwartungen übertrifft.“

Auch Wochen nach der Eröffnung des Konzertsaales als zentraler Bühne neben dem Opernsaal ist die neue Musikchefin noch immer ganz begeistert: „Für uns klingt es nicht wie ein sanierter Konzertsaal, sondern wie ein komplett neuer Saal. Als Zuhörer fühlt man sich von dem Klang des Orchesters gewissermaßen umarmt. Die neuen Sound-Reflektoren bewirken einen sehr großen Unterschied, selbst wenn sie nur wenig bewegt werden.“

Mehr als zweieinhalb Jahre wurde der Konzertsaal des wohl berühmtesten Opernhauses der Welt am Hafen in Sydney grundsaniert. Zuvor war schon der Opernsaal des multifunktional genutzten Hauses akustisch auf den neuesten Stand gebracht worden. Von den Ingenieuren der deutschen Firma MüllerBBM mit Sitz bei München. Das Ergebnis im Opernsaal prädestinierte die Firma auch als Favorit für den schwierigen Konzertsaal. Sogenannte Donuts waren bereits in den vergangenen Jahren als Abhilfe für die akustischen Probleme installiert worden, mit mäßigem Erfolg.

Die Realisierung der neuen Akustik, noch dazu in einem Weltkulturerbe, forderte Geschick von Seiten der deutschen Ingenieure. Allein die Vergabe eines so wichtigen Teils der Sanierungsarbeiten an eine deutsche Firma sorgte im Headquarter von Planegg für Begeisterung. Auch wenn die Bedingungen alles andere als einfach waren:

Die Architektur des Konzertsaales durfte nicht verändert werden. Der Zustand des Weltkulturerbes sollte jederzeit wieder in den Ursprungszustand zurückversetzbar sein. Und dieser Ursprungszustand legte auf guten Klang erst in zweiter Linie Wert. Der dänische Architekt Jorn Utzon konzentrierte sich in den 1960er und 70er Jahren bis zur Eröffnung 1973 eher auf die äußere Wirkung, auf die bis heute weltberühmte, eindrucksvolle Fassade am Hafen von Sydney, als auf den Innenraum, sagen Experten heute.

Die Bühne, in den 70er Jahren als Opernbühne gedacht, misst überdimensionale 20 Meter Höhe. An ein normales Zusammenspiel der Orchestermusiker war die Jahre über nicht zu denken, eine Sanierung jedoch extrem kompliziert. „Das wesentliche, was wir machen mussten, war die Verteilung der akustischen Energie zu optimieren“, erläutert Projektleiter Gunter Engel.

Der beauftragte Raumklangexperte Jürgen Reinhold und seine Kollegen mussten extrem vorsichtig vorgehen und kreativ werden. Anders als bei den zuvor von ihnen betreuten Bühnen wie das Teatro La Fenice Venedig, das Mariinskij-Theater St. Petersburg, das Teatro di San Carlo in Neapel oder das Teatro alla Scala Mailand schauten die Verantwortlichen in Sydney noch genauer hin, verschickten noch umfangreichere Unterlagen als üblich. Da der Konzertsaal mit seinen bis zu 2664 Plätzen multifunktional bespielt wird, muss die Akustik nicht nur klassische Musik optimal verteilen, sondern auch Rockmusik, Musical, Chorveranstaltungen, Kammermusik.

Lou Rosicky, der Projektbeauftragte von Seiten der Sydney Opera, bittet um Nachsicht: „In den vergangenen Jahrzehnten haben wir viel versucht, um das Problem zu verändern, zum Beispiel mit sogenannten Donuts, die über der Bühne hingen. Runde Reflektoren, die etwas halfen. Aber im Rahmen der Generalsanierung zum 50. Jubiläum 2023 beauftragten wir die deutschen Akustikexperten. Außerdem wurde auch die Klimaanlage runderneuert und die gesamte Bühnentechnik.“

Die Sanierung hat sich gelohnt, zeigen die Ticketverkäufe. Der Start in die neue Konzertsaison 2022/23, die nicht nur klassische, sondern auch Rockmusik für das Publikum bereithält, zieht viele Neugierige an. Nach dem langen Lockdown, den scharfen Pandemiemaßnahmen in Australien und der strikten Abschottung nach außen – für die Sanierung vor allem hilfreich – ist das Interesse an Australiens wichtigstem Kulturhaus größer denn je.

ENDE