Aufnehmen auf Island mit Unterstützung vom Staat. Zu Besuch in Islands Musikstudios
Kohle vom Staat in Island: Bei Musik-Aufnahme Erstattung | deutschlandfunk.de
Wir werden noch nicht wirklich überrannt von ausländischen Bands, die hier alle aufnehmen wollen, so wie die internationalen Filmstudios… Aber ich war total beeindruckt davon, dass es das jetzt auch für ausländische Künstlerinnen und Künstler gibt, das macht unsere Arbeit so viel einfacher, Island ist ja so klein, es fehlt eine funktionale Musikindustrie.
Aufbruchstimmung in Islands Musikstudios. Albert Finnbogason wirkt erleichtert. Die Pandemie, der Lockdown traf das Sundlaugin Studio wie alle professionellen Musikstudios auf Island hart. Etliche Projekte wurden dem ehemaligen Schwimmbad, so die Übersetzung, abgesagt, obwohl es zu den bekanntesten gehört: in den 90er Jahren von Islands berühmter Band Sigur Ros umgebaut gehört das Musikstudio heute dem Sigur Ros-Keyboarder Kjartan Sveinsson.
Mittlerweile hätten wieder sechs internationale Bands das Sundlaugin gebucht, auch wegen des neuen Förderprogramms der Regierung, erklärt Albert:
Ich finde das Programm wirklich cool, um die in letzter Zeit recht vernachlässigte avandgardistische, progressive Musik wiederzubeleben. Sich etwas mehr Zeit für die Aufnahmen zu nehmen, für ein richtiges Studio und dann noch Geld zurückzubekommen.
Das Förderprogramm ist simpel: 80 Prozent von mindestens 14 Minuten Musik müssen in Island aufgenommen und auf den gängigen Streamingplattformen oder als LP veröffentlicht worden sein, danach zahlt der Staat 25 Prozent, also ein Viertel der Gesamtkosten zurück, so die Regelung vom Kultur- und Wirtschaftsministerium.
Chris Funk, seit einem knappen Jahr Manager des Floki Studios in Islands Norden, eines der bislang neun für das Förderprogramm qualifizierten Studios, ist noch immer erstaunt:
Als ich die Verantwortlich von Island Music traf, habe ich erstmal gefragt: Ist das echt? Soll das wirklich für alle gelten? Für Amerikaner, Europäer und Bands aus Asien? Und sie sagten: Ja. 25 Prozent der Kosten erstattet zu bekommen, man könnte also sein Budget auch erhöhen, wenn man wollte und den Studioaufenthalt noch effizienter planen.
Joanna Wang, Sängerin aus Taiwan, eine Band aus China, zahlreiche US-Jazzmusiker – teils aus Jamaika – und englische Independent-Bands nutzten in diesem Jahr bisher das sogannte reimbursement of recording cost, das sich nicht nur auf Rock- und Pop beschränken soll, sondern auch für Aufnahmen klassischer Musik offen ist. Auch die 27jährige Sing-Songwriterin aus Colorado, Celestine ließ sich überzeugen von ihrem Label, auf Island zu produzieren:
Das wird tatsächlich mein Debütalbum, ich wurde während eines Konzertes in Colorado von einem Studiomanager angesprochen, der mir von Island erzählte und wie fantasitsich es wäre, also bin ich da hingefahren.
Wir sehen, dass mehr und mehr ausländische Musikerinnen und Musiker nach Island kommen, natürlich auch wegen der Natur und der Ruhe. Auf Island lässt man sich gegenseitig in Ruhe, selbst wenn man ein berühmter Künstler sein sollte.
Ist Islands Kultur- und Wirtschaftsministerin Lilja Alfreðsdóttir überzeugt. Europas nördlichster Staat investiert bewusst in die Kreativwirtschaft, unterstützt großzügig Schriftsteller, Komponisten und bildende Künstler, nicht ganz uneigennützig. Ein bestimmtes Budget existiere nicht, betont Alfreðsdóttir, die zuvor schon Außenministerin Islands war:
Es ist nicht limitiert, wir müssen das nüchtern betrachten: Was passiert? Mehr Gelder fließen nach Island. Der Tourismus wächst wieder, auch wegen der hier gedrehten Filme, Die Wirtschaft Islands wächst. Ich habe gerade die Bestätigung vom Kabinett bekommen, dass wir neben dem Refund Programm auch ein neues Nationales Musikzentrum gründen werden.
In diesem Musikzentrum sollen alle Musik-Institutionen an einem Ort gebündelt werden. Mit dem Refund Programm erhofft sich auch die verantwortliche Firma Iceland Music einen verstärkten Austausch isländischer mit Musikern aus aller Welt in Island und nicht in Berlin, London oder New York, sagt Programmmanager Leifur Björnsson.
Island – ein Hub für hippe Kreative.
Das Refund Programm soll uns hier auf Island auch wettbewerbsfähiger machen gegenüber den osteuropäischen Musikstudios.
Und im Gegensatz zu Deutschland, Polen oder Tschechien kämpft Island nicht mit hohen Energiepreisen. Diese Vorteile hat auch Hollywoods Meisterkomponist Hans Zimmer bereits bemerkt. Die Filmmusik zur BBC-Produktion „Frozen Planet II“, die Hans Zimmer schrieb, wurde in den neuen Studios des Kultur- und Kongresszentrums Harpa aufgenommen.